3.2.1 Allgemeine Bewertung der Umweltwirkungen auf die Schutzgüter
Im Nachfolgenden wird eine allgemeine Bewertung der Umweltauswirkungen von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung und – soweit möglich und sinnvoll – von Windkraftanlagen auf die Schutzgüter vorgenommen. Diese allgemeineren Aussagen werden im Rahmen der Betrachtung der einzelnen Eignungsgebiete in Kapitel 3.2.2 durch die Erfassungsbögen im Anhang ergänzt.
Im Rahmen der Genehmigungsverfahren zu den einzelnen Windkraftanlagen oder Windparks beziehungsweise der Aufstellung der Flächennutzungspläne der Kommunen sind gegebenenfalls tiefer gehende Untersuchungen und Bewertungen erforderlich.
Windkraftanlagen haben
- während ihrer Bauphase durch Flächeninanspruchnahme, Versiegelung und Baulärm,
- durch die Anlage selber durch Versiegelung, Verschattung, eventuell Abbrüche, Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und durch die Zuwegung sowie
- während des Betriebes durch Kollisionsgefahr für Vögel und Fledermäuse, Lärm, Schattenwurf und Erschütterungen
Auswirkungen auf die Umwelt.
Mensch | In Bezug auf Menschen wird im Rahmen der Teilfortschreibung vor dem Hintergrund der Maßstabsebene eine Prüfung der gesundheitlichen Beeinträchtigung durch Lärm und Licht (inklusive Befeuerung) und die erdrückende Wirkung von WKA an Wohnstandorten vorgenommen. Arbeiten findet in der Regel in Gebäuden oder innerhalb von Siedlungsräumen statt. Hier gelten in Bezug auf eine gesundheitliche Beeinträchtigung durch Windkraftanlagen die Aussagen zu den Wohnstandorten analog. Erholung findet in der Regel entweder in Gebäuden - dann gelten die Aussagen zu den Wohnstandorten analog - oder in der Landschaft statt - dann sind die Aussagen zum Schutzgut Landschaft relevant. Entsprechend dem Gemeinsamen Runderlass „Grundsätze zur Planung von Windkraftanlagen“ vom 22.03.2011 sind Siedlungsachsen und besondere Siedlungsräume als Ausschlussgebiete festgelegt. Stadt- und Umlandbereiche sind als Ausschlussgebiete mit der Möglichkeit der Feinsteuerung auf der Regionalebene festgelegt. Zudem sind bestimmte Abstände zwischen Einzelhäusern und Splittersiedlungen im Außenbereich, Siedlungen allgemein, Sondergebieten, die der Erholung dienen und Gewerbe- und Industriegebieten am Rand von Siedlungen einerseits und Eignungsgebieten für Windenergienutzung beziehungsweise Windkraftanlagen andererseits einzuhalten. Diese Abstände sind extra so gewählt, dass eine erhebliche gesundheitliche Beeinträchtigung von Menschen ausgeschlossen werden kann. Eine erhebliche Auswirkung auf den Menschen ist durch die Teilfortschreibung daher nicht zu erwarten. |
Tiere / Pflanzen | Vögel: Windkraftanlagen und Windparks haben erhebliche Auswirkungen auf Vögel. Dies können zum einen direkte Auswirkungen durch Vogelschlag insbesondere durch den Rotor und Fitnessverluste bei erforderlichen Steigflügen zum Überfliegen sein und zum anderen indirekte Auswirkungen durch die Barrierewirkung von Windkraftanlagen, die verschiedene Lebensräume voneinander trennen. Insbesondere Arten, die in offenen Landschaften leben, und Großvögel reagieren auf Windkraftanlagen und Windparks mit Ausweichen, Überfliegen und Umkehr. Genauere Daten und Untersuchungen zu den Schlagzahlen und dem Fitnessverlust, anderen negativen aber auch positiven Reaktionen der Vögel auf die Anlagen (inklusive der Befeuerung), sowie weiteren indirekten Auswirkungen, z.B. durch eine Verarmung der Insektenfauna, liegen nicht vor. In den genannten EU-Vogelschutzgebieten, Nahrungsgebieten von Meeresgänsen und Gelbschnabelschwänen und bedeutenden Vogelzuglinien ist die Ausweisung von Eignungsgebieten entsprechend den in Kapitel 1.2 genannten Kriterien nicht zulässig. Auch ein Repowering ist nicht zulässig. Hier findet eine Beeinträchtigung durch die Umsetzung der Teilfortschreibung nicht statt. Potenzielle Eignungsflächen, in denen dem Innenministerium Brutplätze von Greif- und Großvögeln sowie Brutkolonien störungsempfindlicher Arten durch die Kreise oder das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume bekannt gemacht wurden, sind ebenfalls im Rahmen der Alternativenprüfung ausgeschlossen worden. Eine grundsätzliche und jeweils aktuelle Prüfung auf etwaige Rast-, Nahrungs- und Brutgebiete ist in den festgelegten Eignungsgebieten im Rahmen der nachfolgenden Planungsverfahren (Flächennutzungsplan, Genehmigungsverfahren) jedoch weiter erforderlich. Fledermäuse: Seit den 1970er Jahren ist bekannt, dass Fledermäuse an Windenergieanlagen verunglücken können (Hall und Richards 1972, Osborn et al. 1996, Trapp et al. 2002, Vierhaus 2000). Nach bisherigen Erkenntnissen sind nur einige einheimische Fledermausarten durch Kollisionen regelmäßig betroffen (Großer Abendsegler und Kleiner Abendsegler, Breitflügelfledermaus, Zwergfledermaus, Rauhautfledermaus, Mückenfledermaus und Zweifarbfledermaus). In dem Forschungsvorhaben der Leibniz Universität Hannover[footnoteRef:29] wurde ein Zusammenhang zwischen Fledermausaktivität und Kollisionsopfern nachgewiesen. Ein erhöhtes Kollisionsrisiko kann an Standorten angenommen werden, an denen sich Fledermäuse während bestimmter Jahreszeiten in größeren Dichten konzentriert aufhalten (Brinkmann et al. 2011). Insbesondere auf dem Zug, bei Nutzung saisonal auftretender Nahrungsressourcen sowie in Bereichen bedeutender Quartierstandorte ist mit höheren Fledermausaktivitäten zu rechnen. Im Mittel ergaben sich für die untersuchten Anlagen 9,5 tote Fledermäuse (minimal 0 bis maximal 57,5) je Anlage im Untersuchungszeitraum Juli bis September (Brinkmann et al. 2011). Dabei sind nicht allein die Schlagopferzahlen an einzelnen Windkraftanlagen relevant, sondern vielmehr die kumulative Betrachtung der Mortalität, die durch die große Anzahl der Anlagen in einem Naturraum zusätzlich zur bereits bestehenden Mortalität durch andere anthropogene Faktoren entstehen kann. In jedem Genehmigungsverfahren ist das Kollisionsrisiko über einen bestimmten Aktivitätszeitraum standort- und anlagenspezifisch zu ermitteln. [29: Leibniz Universität Hannover (2007 – 2009): Forschungsprojekt Entwicklung von Methoden zur Untersuchung und Reduktion des Kollisionsrisikos von Fledermäusen an Onshore-Windenergieanlagen] Auch verschiedene andere Faktoren wirken sich auf die Stärke der Aktivitäten von Fledermäusen aus. Mit absteigendem Einfluss sind dies Windgeschwindigkeit, Monat, Nachtzeit, Temperatur und Niederschlag. Bei der Windgeschwindigkeit ist zu beachten, dass eine geringere Geschwindigkeit eine höhere Aktivität mit sich bringt. Allgemein kommen die meisten Totfunde während der beiden Wanderungszeiten, also im Frühjahr um den 1. Mai und deutlich stärker im Spätsommer/Herbst vor allem im August vor. Einige ortsansässige Fledermausarten zeigen ein Vermeidungsverhalten gegenüber Windkraftanlagen, während andere Arten dies nicht tun. Eine weitere Gefahr für Fledermäuse kann möglicherweise durch das Nutzen der Gondel der Windkraftanlage als Quartier entstehen. Hierzu gibt es jedoch noch keine gesicherten Daten. Größere Eingriffe in Heckenzüge, Knicks oder flächenhafte Gehölzbestände im Zuge des Baus der Zuwegung zu Windkraftanlagen können Hauptflugstrassen zum Beispiel zu Jagdrevieren unterbrechen und so zu Beeinträchtigungen führen. Da Eignungsgebiete in und an Wäldern und Knicks jedoch nicht zulässig sind, ist eine derartige Beeinträchtigung durch die Teilfortschreibung nicht zu erwarten. Gleiches gilt für Gebiete mit besonderer Bedeutung für den Fledermausschutz. Im Rahmen der Genehmigungsverfahren ist eine genauere Untersuchung von gegebenenfalls in der Nähe der geplanten Anlagen vorhandenen Fledermauspopulationen, Migrationsräumen, Jagdräumen sowie Hauptzugrichtungen erforderlich. Methoden zur Reduktion des Kollisionsrisikos sind eine entsprechende Standortwahl für die Windkraftanlage und die Abschaltung der Anlagen zu Zeiten mit hoher Fledermausaktivität. Bei den übrigen Tierarten ist höchstens von einer geringen Beeinträchtigung auszugehen. Arten, die in geschützten Naturräumen leben, werden nicht beeinträchtigt. Pflanzen: Gemäß § 30 BNatSchG gehören Salzwiesen, Nieder- und Hochmoore, Fließ- und stehende Gewässer einschließlich ihrer Uferbereiche, Heiden, Dünen und Trockenrasen, Wald, Sümpfe und Nasswiesen sowie gemäß § 30 BNatSchG in Verbindung mit § 21 LNatSchG Knicks zu den gesetzlich geschützten Biotopen. Gemäß Ziffer 3.5.2 Absatz 8 LEP sind Eignungsgebiete für die Windenergienutzung auf diesen Flächen ausgeschlossen. Auch ein Repowering ist nicht zulässig. Bei Pflanzen in nicht geschützten Gebieten besteht voraussichtlich nur während der Bauphase die Möglichkeit von Beeinträchtigungen durch den Bau selber, die Versiegelung von Flächen und den Verkehr der Baufahrzeuge. Während der Betriebsphase sind keine weiteren Beeinträchtigungen zu erwarten. Insgesamt sind die Beeinträchtigungen als nicht erheblich einzuschätzen. Genauere Untersuchungen hierzu sind jedoch im Rahmen des Genehmigungsverfahrens erforderlich. |
Boden | Da die Errichtung und der Betrieb von Windenergieanlagen durch die Fundamente und die Zuwegungen Einfluss auf die Bodenbeschaffenheit ausüben, ist gemessen an der Gesamtfläche des Planungsraums mit geringfügigen Veränderungen des derzeitigen Zustands des Bodens zu rechnen. Tiefergehende Untersuchungen - auch zu etwaigen Altlasten - sind gegebenenfalls im Rahmen der Genehmigungsverfahren zu den Windkraftanlagen erforderlich. |
Wasser | Gemäß § 30 BNatSchG gehören Fließ- und stehende Gewässer einschließlich ihrer Uferbereiche zu den gesetzlich geschützten Biotopen. Eignungsgebiete für die Windenergienutzung sind auf diesen Flächen ausgeschlossen. Auch ein Repowering ist nicht zulässig. Auf das Grundwasser sind ebenfalls keine erheblichen Auswirkungen zu erwarten. |
Klima | Als Reaktion auf den sich vollziehenden Klimawandel werden zwei Handlungsstränge verfolgt. Zum einen handelt es sich um Maßnahmen zur Minderung des Klimawandels, zum Beispiel durch die Reduzierung des Treibhausgases Kohlendioxid, zum anderen ist die Entwicklung von Anpassungsstrategien an die nicht mehr zu vermeidenden Folgen des Klimawandels wichtig. Ziel der Landesregierung ist es vor diesem Hintergrund, verstärkt regenerative Energien einzusetzen und die Effizienz des Energieverbrauchs zu verbessern. Dazu soll bis 2020 die Energieproduktivität gegenüber 1990 verdoppelt, den Anteil der Windkraft auf rechnerisch mindestens 100 Prozent des Stromverbrauchs gesteigert, der Anteil von Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung auf 25 Prozent erhöhet, mehr Güter von der Straße auf die Schiene gebracht und bis 2030 den Waldanteil auf zwölf Prozent der Landesfläche erhöht werden. Dem Klimawandel entgegenzuwirken ist also ein Leitgedanke der Teilfortschreibung. Durch die Umsetzung der Teilfortschreibung kann Windenergie als klimafreundliche Energiequelle verstärkt im Planungsraum genutzt werden, eine Reduzierung des Ausstoßes von Treibhausgasen bei der Erzeugung von Energie ist die Folge. Das Schutzgut Klima wird durch die Planungen der Teilfortschreibung eindeutig positiv beeinflusst. Wie groß diese positive Wirkung ausfällt, lässt sich allerdings noch nicht abschätzen, da die Teilfortschreibung keine Vorgaben darüber macht, wie viele Anlagen mit welcher Höhe und welcher Leistung in den einzelnen Eignungsräumen gebaut werden sollen. |
Landschaft | Grundsätzlich werden Windkraftanlagen von den meisten Menschen als störend für das Landschaftsbild empfunden. Dies sowohl aufgrund der Gestalt der Anlagen, ggf. der Befeuerung, der Rotorbewegung und der Rotorreflexe als auch aufgrund der Geräusche durch den Rotor. Der Nationalpark ist entsprechend der Kriterien der Ziffer 3.5.2 Absatz 8 des LEP 2010 vor der Ausweisung von Eignungsgebieten für die Windenergienutzung geschützt. In Naturparks und Landschaftsschutzgebieten sind Eignungsgebiete für Windenergienutzung gemäß Ziffer 3.5.2 Absatz 9 des LEP 2010 nur zulässig, wenn die Errichtung von Windkraftanlagen im Einzelfall mit dem Schutzzweck dieser Gebiete zu vereinbaren ist. Eine Beeinträchtigung dieser Gebiete findet daher nicht statt. Außerhalb der genannten Gebietskategorien kann eine Beeinträchtigung des Landschaftsbildes möglich sein. Dies ist einerseits abhängig vom genauen Standort und der Gestaltung der Windkraftanlage und andererseits von der Natürlichkeit, der Anzahl und Vielfalt an Landschaftselementen, der Reliefenergie und den vorhandenen Sichtachsen aber auch den Vorbelastungen in der Landschaft. Durch die Ausweisung von „charakteristischen Landschaftsräumen“ in der Teilfortschreibung werden weitere besonders schützenswerte Landschaften von Windkraftanlagen frei gehalten. Durch das Repowering, das den Ersatz von Altanlagen durch neue Anlagen an günstigeren Standorten vorsieht, sind zudem weitere positive Effekte auf das Landschaftsbild zu erwarten. |
Sachgüter | Siedlungen und Einzelhäuser sind entsprechend dieser Teilfortschreibung und des Gemeinsamen Runderlasses inklusive festgesetzter Puffer um diese von einer Ausweisung von Eignungsgebieten zur Windenergienutzung ausgeschlossen. Der Bau von Windkraftanlagen ist hier also nicht zulässig. Ausgenommen sind nur Kleinanlagen als Einzelanlagen mit bis zu 30 Metern Gesamthöhe und Nebenanlagen, die einem Vorhaben nach § 35 Absatz 1 Nummern 1 bis 4 BauGB dienen, mit in der Regel bis zu 70 Metern Gesamthöhe. Bei diesen Anlagen kann davon ausgegangen werden, dass sie keine erheblichen Umweltauswirkungen haben. Bei Landschafts- und Ortsbild prägenden Kulturdenkmälern und geschützten Ensembles inklusive ihren Umgebungsbereichen ist der Bau von Windkraftanlagen nur zulässig, wenn in einer Einzelfallprüfung festgestellt wurde, dass sie mit dem Schutzzweck dieser Gebiete vereinbar sind. Zusammenfassend ist für das Schutzgut Sachgüter nicht von erheblichen Auswirkungen auszugehen. Im Fall der Landschafts- und Ortsbild prägenden Kulturdenkmäler ist jedoch gegebenenfalls eine vertiefende Untersuchung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens für die einzelnen Windkraftanlagen erforderlich. |
Wechsel-wirkungen | Die Teilfortschreibung des Regionalplans erfolgt auf relativ grober Maßstabsebene. Durch Bau und Betrieb der Windkraftanlagen werden Beeinträchtigungen der Schutzgüter ausgelöst. Da die Teilfortschreibung aber keine Aussagen zu Anzahl, genauem Standort und Gestalt (z.B. Höhe) der Anlagen macht, ist eine gegenseitige Aufrechnung von negativen und positiven Auswirkungen und Wechselwirkungen hier nicht möglich. |
Tabelle 4: Auswirkungen auf die einzelnen Schutzgüter